Die Schlossberggeister,
Untergruppe der Stadtkapelle Herrenberg, besuchten
jetzt ihr Partnerorchester im sächsischen
Bad Schlema, das einmal mehr zu "Europas
Hauptstadt der Blasmusik" wurde.
Von Linda Schwab
Das Bergmannsblasorchester Kurbad Schlema organisierte
dieses Jahr das 25. Europäische Blasmusikfestival,
zu dem neben 14 anderen Musikkapellen verschiedenster
Nationen auch die Schlossberggeister aus Herrenberg
eingeladen waren. Das Fest etablierte sich in
den vergangenen Jahren fest in der internationalen
Blasmusikszene. Mit einem kurzen Umzug der eingeladenen
Orchester zum Festzelt wurde die Eröffnungszeremonie
am Freitagnachmittag eingeleitet. Alle 15 Kapellen
musizierten gemeinsam die im Vorhinein ausgewählten
Märsche und Hymnen - ohne jemals zuvor gemeinsam
gespielt zu haben.
Anschließend nahm das Festival Fahrt auf.
Das 4 500 Personen fassende Festzelt hatte zwei
große Bühnen, auf denen nacheinander
die Orchester spielten. Da diese aus den unterschiedlichsten
Ländern angereist waren, gestaltete sich
das Musikalische entsprechend abwechslungsreich.
Blaskapellen aus Südtirol und Polen wechselten
sich mit professionellen Orchestern aus Hamburg
oder gar Vertretern der amerikanischen US Air
Force Band ab. Mittendrin: die Schlossberggeister,
die eine bunte Mischung aus Märschen und
Polkas spielten. Für die knapp 40 Herrenberger
Musikanten war das der einzige Konzerttermin am
Freitag; sie lauschten danach den Beiträgen
der restlichen Teilnehmer.
Ausgelassene Stimmung
Am Samstag, dem zweiten Festtag, spielten die
Schlossberggeister gleich zwei Konzerte, eines
davon erst spät am Abend. Die Stimmung der
Zuhörer war bis dahin bereits ausgelassen
und fröhlich, so dass sich die Menschen von
ihren Plätzen erhoben und tanzten oder mitsangen.
Das Besondere bei diesem Auftritt der Schlossberggeister:
Sie spielten ohne Noten. "Auswendig aus dem
Hut zu spielen und damit so richtig Stimmung zu
machen ist unsere Stärke!", sagte Sylvia
Schneider, langjährige Musikerin. In der
Tat hoben sich die "Geister", wie sie
oftmals genannt werden, damit von den anderen
Orchestern ab.
Doch bei der Präsenz der Herrenberger in
Bad Schlema spielen nicht nur die musikalischen
Auftritte eine wichtige Rolle; die beiden Orchester
verbindet eine tiefe Freundschaft. Die hat ihre
Wurzeln in den Zeiten des Mauerfalls, als viele
flüchtige Menschen aus der DDR auch in Turnhallen
in Herrenberg untergebracht waren. Georg Schwenk,
Leiter der Schlossberggeister, wurde damals auf
hier gelandete Musiker aus der Region um Bad Schlema
aufmerksam und baute so über neu erlangte
Bekanntschaften Briefkontakt nach Sachsen auf.
"Ich habe immer wieder Kapellen gesucht,
die bei den Herrenberger Musiktagen teilnehmen
und auftreten konnten", so Schwenk. Dieser
Einladung folgte die frühere Werkskapelle
aus Bad Schlema sofort und war vor knapp 30 Jahren
das erste Mal in Herrenberg zu Gast - der Beginn
einer engen Orchesterfreundschaft.
Schwenk organisierte auch den Ausflug der Schlossberggeister
zum diesjährigen Musikfest, mit dem er und
alle Beteiligten im Nachhinein sehr zufrieden
waren. "Wir machen eine spezielle Musik dort,
und das wird honoriert. Die Leute sind einfach
auf unserer Seite. Kaum fangen wir an zu spielen,
füllen sich sofort die vorderen Reihen."
Auch von anderen Musikern wurde oftmals die "Freundlichkeit
der Zuhörer, Musiker und Gastgeber"
in Bad Schlema hervorgehoben. Die Menschen dort
hätten eine viel intensivere Begeisterung
für Musik, die in Baden-Württemberg
einen anderen Stellenwert habe.
Herrenberger Musiker, seien es die Schlossberggeister
oder auch deren Gesamtverein Stadtkapelle Herrenberg,
waren bereits über zehnmal beim europäischen
Blasmusikfestival in Bad Schlema. Jedes Mal sei
es einer der Höhepunkte des Jahres, auf den
sich die Musiker schon im Voraus freuen - trotz
der dadurch extra anfallenden Probenarbeit. Wer
dabei denkt, Blasmusik sei nur etwas für
ältere Generationen, hat sich getäuscht:
Auch junge Nachwuchsmusiker der Stadtkapelle Herrenberg
nahmen an der Ausfahrt teil und fanden ihren Platz
unter den Blasmusikanten. "Es ist toll, so
viele Leute aus ganz Europa hier zu treffen, mit
denen man sein Hobby teilt", berichtete der
17-jährige Yannick Funk, der seit zehn Jahren
bei der Stadtkapelle Trompete spielt. "Zudem
ist die Stimmung hier einfach klasse." Außerdem
war es für die Jungmusiker eine ganz neue
Erfahrung, vor solch einem großen Publikum
zu spielen, dazu noch auf einer Wochenendausfahrt,
weg von der heimischen musikalischen Umgebung.
Besonders herzlich wurden die Schlossberggeister
dann am Sonntagmittag nach ihrem letzten Beitrag
im Zelt von den Festival-Verantwortlichen verabschiedet.
Zuvor war der geplante große Festumzug leider
wegen Regens abgesagt worden. Bei einem waren
sich die sächsischen Musikanten und Herrenberger
"Geister" allerdings sicher: Es wird
ein Wiedersehen geben - und zwar bald. Und es
war auch sicherlich nicht das letzte Mal, dass
die Schlossberggeister das Europäische Blasmusikfestival
in Bad Schlema besucht haben.
|